Der Stern von Südafrika by Axel Rudolph

Der Stern von Südafrika by Axel Rudolph

Autor:Axel Rudolph [Rudolph, Axel]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Saga
veröffentlicht: 2016-04-07T00:00:00+00:00


XII

Am Mittagstisch fehlt Frau Lätitia. Nach Aussage der Stewardeß liegt sie krank zu Bett, aber weder der Regisseur Schirrmann noch der junge Gert Rönne, die sich sofort besorgt zu ihrer Kabine begeben, um sich nach dem Befinden Ihrer Göttlichkeit zu erkundigen, werden vorgelassen. Piet dagegen hat seltsamerweise mehr Glück. Er darf eintreten und kehrt erst nach einer halben Stunde in den Speisesaal zurück. Sein glückstrahlendes Gesicht steht eigentlich in schroffem Gegensatz zu der Nachricht, die er bringt. Frau Lätitias Zustand sei zwar nicht besorgniserregend, aber immerhin müsse sie bis auf weiteres in ihrer Kabine bleiben. Noch ehe die anderen nach den näheren Umständen fragen können, ist er wieder davon. Den ganzen Nachmittag tut Piet Krankendienst bei Frau Lätitia und erscheint nur von Zeit zu Zeit an Deck, um mit wichtiger Miene das neueste Bulletin über den Zustand der hohen Dame kundzugeben.

Hans und Molly verleben den schönsten Tag ihrer Reise, einen Tag voller Glück, ohne Schatten und Sorgen. Auf Mollys Bitten hin nimmt sich Hans auch den dicken Kurbelmann vor und schlägt ihm vor, die von der „Kampfszene“ gemachten Aufnahmen zu kaufen. Die Zumutung, aus seinen Filmaufnahmen ein Privatgeschäft zu machen, weist Ottomar Härzele entrüstet ab, verspricht aber großzügig, Miß Reeve den Filmstreifen wie die Abzüge zur Verfügung zu stellen, sobald sie entwickelt und kopiert sein werden. Damit müssen Hans und Molly sich zunächst zufrieden geben.

Am Nachmittag, als Hans sich für das Abendessen umzieht, erscheint Piet in seiner Kabine, ein glückstrahlender, seliger Piet. Sein Mund fließt über vom begeisterten Lob Frau Lätitias. Eine wunderwunderschöne Frau! Mehr noch als das: eine große Frau! Ein Mensch, unendlich erhaben über alle Kleinheiten des Alltags! Oder ist das etwa nicht großherzig, daß Frau Lätitia das üble Intermezzo nicht mehr erwähnt wissen will? Sie verzichtet darauf, Miß Reeve für ihr unqualifizierbares Verhalten zur Verantwortung zu ziehen. Jawohl! Sie hat selbst Piet gebeten, über den Vorfall nicht mehr zu sprechen.“

Dem kleinen Piet ist die Ehre, der Vertraute eines Filmstars sein zu dürfen, dermaßen zu Kopf gestiegen, daß er den Eindruck ganz übersieht, den seine Bemerkung von Mollys „unqualifizierbarem Verhalten“ auf Hans macht. Erst als er den Blick des Freundes mit drohendem Ernst auf sich gerichtet sieht, erinnert er sich daran, daß Molly und Hans ja sehr befreundet sind, und verstummt jäh ernüchtert.

„Ich hab ja nichts dagegen, Piet, daß du für die Flimmerkönigin schwärmst“, sagt Hans ruhig, als Piet sich unwillkürlich ein bißchen unter dem drohenden Blick duckt, „aber — hm — sag mal: Hast du dich in der Zwischenzeit eigentlich auch hin und wieder davon überzeugt, daß dein „Päckchen“ noch da ist?“

„Nein, Hans. Daran hab ich bisher noch nicht gedacht. Aber wo soll es denn sonst sein, als in meiner Reisetasche?“

Piet sieht ganz erstaunt den Freund an. Völlige Sorglosigkeit steht auf seiner Stirn. Hans dagegen setzt ein finsteres Gesicht auf. „Sag mal, Freundchen, — es mag ja sein, daß du nicht den „Stern von Südafrika“ in deinem Besitz hast. Kann man ja nie wissen. Aber für einen Kurier ist deine Unbekümmertheit denn doch eine Nummer zu grob.



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